5. August 2004
Buenos dias amigos!
Einen Monat ist es bereits her, seit ich in Kuba gelandet bin – Kuba, ein unheimlich faszinierendes Land….
…. die geheimnisvolle Hauptstadt Havanna mit ihren halb zerfallenen Haeusern, ueberall die alten amerikanischen Autos aus den 50er-Jahren, die Kubaner, die Zigarren rauchend mit ihren Nachbarn auf der Strasse plaudern, Zeit im Ueberfluss zu haben scheinen und trotz ihrer Armut eine unvorstellbare Lebensfreude ausstrahlen.
Wo Musik laeuft wird getanzt ….. und Musik hoert man ueberall. Wer den Film «Dirty Dancing 2 in Havanna» gesehen hat, weiss wie’s in den Discos zu und her geht – es wird Salsa getanzt bis zum Umfallen, nur zusehen ist nicht moeglich.
Diejenigen, die sich einen Eintritt in eine Disco nicht leisten koennen, treffen sich abends am Malecon – eine 7km lange Uferpromenade – mit einer Flasche Rum, Gitarre oder CD-Player und tanzen dort.
Die Armut ist gross, trotzdem haben alle ein Dach ueber dem Kopf, muessen dank der Lebensmittelkarte nicht hungern, die Schule und der Arztbesuch ist fuer jeden Kubaner gratis – dank Fidel Castro, den sie verehren.
Eines Tages, als wir mit unserer schmutzigen Waesche im Waschsalon ankamen, teilte uns die Mitarbeiterin mit, dass sie heute die Laundry frueher schliessen werde, wir sollen «manana» wieder kommen, da sie vom Tabakverkaeufer nebenan erfahren hat, dass Fidel Castro sich in der Altstadt aufhalte ….. innert wenigen Minuten fuellten sich die Strassen und die Kubaner warteten ueber eine Stunde, um ihrem Helden zuzujubeln….
Hier in Havanna, der Hauptstadt Kubas, verbringe ich rund zwei Monate in einer Spanisch-Sprachschule, bevor ich meine Reise durch Suedamerika (Costa Rica, Ecuador, Peru, Bolivien, Chile und Argentinien) starte.
Es ist eine familiaere Schule mit knapp 50 Sprachschuelern aus sage und schreibe 18 verschiedenen Nationalitaeten. Der Zusammenhalt ist genial – oft unternehmen wir Ausfluege zusammen, gehen schwimmen, Segeln, mit Kubanern Fussball spielen, bei Gespraechen mit Einheimischen unsere Spanischkenntnisse verbessern und natuerlich Salsa tanzen. 95 % der Sprachschulstudenten wohnen in einem Hotel, wo auch ich einige Tage nach der Ankunft verbrachte.
Doch nun wohne ich bei einer «kubanischen Gastfamilie». Obwohl ich nicht mehr jeden Tag warm duschen kann, mind. 1x pro Tag der Strom fuer mehrere Stunden ausfaellt und man sich deshalb im Haus und der Umgebung nur mit Taschenlampe oder Kerzenlicht orientieren kann, bereue ich den Umzug ganz und gar nicht!
Ich wohne hier bei zwei aelteren Herren, die nach ihrer Pensionierung zusammenzogen, um sich die Hausmiete teilen zu koennen. Unglaublich, welche Muehe sie sich geben, mich mit kubanischen Nachtessen zu verwoehnen, mit welcher Geduld sie mir bei meinen Spanisch-Hausaufgaben helfen und mit welchen strahlenden Augen sie stundenlang von ihrem geliebten Land erzaehlen.
Meine Spanischlehrerin fragte mich mal, ob ich mir bewusst sei, dass ich wie eine Kubanerin aussehe. «Lerne noch ein bisschen besser Spanisch und du wirst es schaffen, fuer wenige Pesos durch’s ganze Land zu reisen….» Wow, tatsaechlich!
Wahrend die «Touristen» 5.- US-Dollars Eintritt zahlen mussten, zahlte ich denselben Betrag – jedoch in kubanischen Pesos (1 USD entspricht 26 kubanischen Pesos). Der Kinoeintritt kostete mich gerade mal 1 Peso (= 5 Rappen) und waehrend meine Kollegen/innen fuer 10.- USD in die Stadt fuhren, schafft man’s als «Kubanerin» fuer 20 Pesos…. Billiger waere nur noch das Reisen in «botellas», so wie’s die meisten Kubaner machen – man wartet am Strassenrand bis ein Lastwagen haelt und springt auf dessen Ladeflaeche.
Spanischunterricht haben wir Montag bis Freitagmittag. Am Wochenende blieb somit genuegend Zeit, um Ausfluege zu unternehmen – nach Varadero (wo viele Touristen ihren Badeurlaub am traumhaften Karibikstrand verbringen), in den Westen der Insel (inkl. abenteuerliche Automiete), nach Trinidad und nach Santiago de Cuba.
Tja, einen Tag mit einem kubanischen Mietauto unterwegs zu sein, ist ein echtes Abenteuer….
Angefangen hat’s damit, dass unser Auto bereits nach 2km, inmitten der verkehrsreichen Hauptstrasse stehenblieb – der Benzintank war leer…. Der Autovermieter machte keinen besonders ueberraschten Eindruck – ganz selbstverstaendlich kam er mit seinem Privatauto, ueberpruefte die Stossstange und stosste unser Auto durch die halbe Stadt zur naechsten Tankstelle.
Die hinteren Tueren konnte man zuerst nicht schliessen und nachher nicht mehr oeffnen (doch das war nichts neues – wir mussten auch schon mal nach einer Taxifahrt durch’s Fenster aussteigen).
Auf der Autobahn zu fahren, ist auch alles andere als einfach…. Man muss all diesen Schlagloechern ausweichen, hoellisch aufpassen, dass man keinen Kubaner ueberfaehrt, der mitten auf der Strasse seine Bananen, Kokosnuesse etc. verkaufen moechte, da ueberquert doch tatsaechlich noch ein Bauer mit seinen zwei Ochsen und Pflug die Schnellstrasse und auch die Autobahnmitte scheint ein beliebter Treffpunkt der Kubaner zu sein.
Alles noch zehnmal schwieriger bei einbrechender Dunkelheit, da oeffnete sich auf der Autobahn doch auch noch der Kofferraum und ploetzlich versperrte uns ein Auto den Weg und zwei Typen versuchten uns anzuhalten! Da wir davon ausgingen, dass dies ein geplanter Ueberfall war, fuhren wir ohne zu bremsen an dieser Strassensperre vorbei ….. hmm, es waere die Polizei gewesen …. doch deren Auto war gluecklicherweise nicht so schnell wie unseres….
Vorletztes Wochenende fuhren Esther und ich nach Trinidad, eine wunderschoene kleine Kolonialstadt, die Unesco zum Weltkulturerbe ernannte. Da von unseren Sprachschulstudenten/innen schon mehrere ueberfallen und ausgeraubt worden waren, reisten wir absichtlich mit wenig Bargeld nach Trinidad.
Wir wussten, dass es in diesem Touristenort eine Bank gab ….. aber wir wussten nicht, dass diese wegen einem Feiertag drei Tage geschlossen blieb…. Kreditkarte und Travellercheques wurden von keinem Hotel/Laden akzeptiert, der naechste Bancomat lag in Havanna, ueber 400km entfernt…. Wir hatten gerade noch genuegend Bargeld fuer das Retour-Busticket nach Havanna, eine Uebernachtung und USD 4.- ….. (eine Flasche Wasser kostete USD 1.-)
Ach, irgendwie wird das schon gehen ….. die Einheimischen ueberlebens ja auch – mit noch weniger Geld….
Die Kubaner, die uns einen Reitausflug verkaufen wollten, lachten sich fast tot, als zwei Schweizerinnen behaupteten, sie haetten kein Geld dazu…. So kamen wir mit den Einheimischen ins Gespraech und waren unheimlich ueberrascht….
…. genau die Kubaner, die uns nachmittags noch um Muenz, Kleider und Seifen baten, organisierten uns mitten in der Nacht Brot, div. Fruechte und Wasser. Es mache ihnen eine Freude, auch mal jemandem helfen zu koennen. Einer wollte uns sogar sein Pferd ausleihen, um wieder zurueck nach Havanna zu kommen (-: Ploetzlich kamen auch noch die Nachbarn, Freunde und Verwandte, plauderten mit uns, waeren bereit gewesen, uns etwas zu kochen, ihre Wohnung als Unterkunft anzubieten etc.
Einer meinte, wir koennten ihm doch helfen, seine Reittouren zu verkaufen, er wuerde uns dafuer eine Provision abgeben. Warum eigentlich nicht? Es war fuer uns ziemlich leicht, mit den Touristen ins Gespraech zu kommen, da wir uns viel besser auf Englisch, Franzoesisch und Deutsch unterhalten konnten als die Einheimischen.
Als Gegenleistung stellten sie uns zwei Pferde zur Verfuegung. Wir ritten durch riesige Bananenplantagen, Tabak- und Zuckerrohrfelder, besuchten einen Wasserfall und gingen in einer Tropfsteinhoehle schwimmen.
Drei Tage spaeter kamen wir wieder in Havanna an – mit 4.- USD (die gerade noch fuer ein Taxi von der Busstation nach Hause reichten) und der Erinnerung an drei unvergesslich, schoene Tage…..
Als Schweizerin bist Du fuer Kubaner «das Ticket in die Freiheit» – alles wuerden sie dafuer geben, irgendwann mal in das «Schlaraffenland Schweiz» zu kommen – ein Land, wo es keine Zweiklassen-Gesellschaft (reiche US-Dollar-Besitzer und arme Peso-Zahler) gibt, der Durchschnittslohn ueber 15.- USD pro Monat liegt und man nicht stundenlang fuer die taeglichen Grundnahrungsmittel anstehen muss.
Ob die Schweizer sich wohl bewusst sind, in welchem Paradies sie leben ???
Fabienne
P.S. In Kuba ist es nicht besonders einfach, ein Internet zu finden. Ich melde mich wieder, wenn ich in Costa Rica bin. Wuerde mich natuerlich riesig ueber eine Nachricht von Dir freuen!
8. September 2004
Kuba’s Strassen ohne Musik – unvorstellbar ….
…. und doch hab› ich dies einige Tage erlebt, am 13. August 2004. Nein, nicht Fidel Castro’s Geburtstag war der Grund, auch nicht der Beginn der olympischen Spiele – der Verursacher hatte einen ganz anderen Namen: Hurrikan «Charley».
Bereits einige Tage vorher wurde im Fernsehen mitgeteilt, dass in den naechsten Tagen ein Hurrikan die Insel streifen werde, welches Gebiet betroffen sein wird, war noch nicht genau bekannt.
Mittwochabends waren die Daten exakter: Hurrikan Charley wird voraussichtlich in der Nacht auf Freitag zwischen 24 und 1 Uhr mit Staerke 3 direkt ueber Havanna hinwegziehen, bevor er einige Stunden spaeter Florida erreichen wird.
Hurrikans in Kuba – nichts aussergewoehnliches. Jedoch einen Hurrikan der dritthoechsten Gefahrenstufe und ausgerechnet ueber Havanna kommt selten vor….
Von nun an liefen die TV’s non-stop, regelmaessig wurden die Bewohner ueber den aktuellen Stand des Hurrikans informiert, der Spanischunterricht fuer die naechsten Tage wurde abgesagt, auf den Strassen wurden eilend die Aeste der gefaehrdeten Baeume geschnitten, saemtliche Fenster und Tueren mit Bretter und aehnlichem verriegelt, rund 250’000 Bewohner von gefaehrdeten Haeuser und nahe des Meeres evakuiert….
…. um fuenf Uhr fing es an zu regnen, langsam kam auch ein Sturm auf – die Taxis wurden einberufen, die Strassen wurden leer….
…. da klingelten doch tatsaechlich vier Schulkollegen an meiner Haustuer mit der grossartigen Idee zum Malecon zu gehen, um ein paar tolle Fotos zu schiessen…. Mario, mein Gastvater, verstand die Welt nicht mehr ….. momentan sehe es zwar noch nicht gefaehrlich aus, doch der Hurrikan koenne innert Sekunden da sein, Stromleitungen hinunterreissen und «Dohlendeckel» wegtragen, in deren Graeben man in der Dunkelheit leicht hineinfallen koenne! Die «Auslaender» liessen sich gluecklicherweise von den Argumenten des Kubanders ueberzeugen und blieben da.
Man hoerte gut, wie der Sturm – der Vorankuender des Hurrikans – immer lauter und heftiger wurde – kurz nach Mitternacht hoerte man kurz die Alarmsirenen und dann war er da…..
…. das Licht loeschte aus, Stromausfall. Ununterbrochen krachte irgendetwas an die Hauswaende (nun ist mir auch klar, weshalb saemtliche Fenster mit Eisengitter «verziert» sind) ….. alles, was nicht niet- und nagelfest war, flog durch die Gegend.
Am Tag danach schien wieder die Sonne, doch die Strassen sahen schrecklich aus. Umgefallene Baeume und Strommasten. In unserem Garten lag alles Moegliche: von geknickten Strommasten, ueber eine 7x3m grosse Metallplatte bis zu Schuhen und Bilderrahmen.
Folgen: 140 Haeuser in Havanna wurden total zerstoert, 679 stark beschaedigt, vier Menschen verloren ihr Leben – und ueber eine Woche musste die Stadt ohne Elektrizitaet und Wasser auskommen.
Kein Strom bedeutet kein Licht (auch nachts keine Strassenbeleuchtung), keine Klimaanlage, kein Internet-Zugang, keine Dusche, kein Kleider waschen, keine Telefonverbindung, keine kuehlen Getraenke, keine warmen Essen, kein Fernseher/News und keine Musik…. Die meisten Museen, Laeden und Banken bleiben bei Stromausfall geschlossen – zehn Tage lang «abgeschnitten» von der Welt.
Alle zwei Tage kam ein Tankwagen mit Wasser vorbei ….. innert Sekunden kamen aus allen Himmelsrichtungen Kubaner mit Kesseln angerannt und warteten geduldig, um auch noch etwas von dem lebensnotwendigen Wasser zu erhalten.
Ungluecklicherweise lag ich genau in diesen Tagen mit ueber 39 Grad Fieber im Bett…. Mario & Luis (meine «Gastfamilie») konnten mir nichts kochen, nicht mal einen Tee – kein Strom, kein Wasser, Laeden waren alle geschlossen. Am dritten Tag wollte Mario fuer mich frische Fruechte von einem inofiziellen Markt kaufen gehen – er kam nach ein paar Stunden zurueck, zwar mit Fruechten, jedoch (leicht) verletzt ….. er wurde ueberfallen …. seine geliebte Goldkette, die er von seiner Grossmutter geschenkt bekommen hat, wude ihm vom Hals geriessen )-:
Obwohl man in diesem Land auf vieles (Strom und anderen Luxus) verzichten muss, taeglich die Gefahr besteht, ueberfallen und ausgeraubt zu werden, hab ich mich in Kuba sehr wohl gefuehlt, das Land und die Menschen in mein Herz geschlossen – die Menschen, die fast nichts haben und doch so viel geben – unter anderem ihre Lebensfreude…..
Seit drei Tagen bin ich nun in Costa Rica – nach zwei Monaten Kuba fast ein Kulturschock ….. ploetzlich sind unzaehlige Internet-Cafes & Einkaufszenter vorhanden, in den Restaurants haben sie alles, was auf der Menu-Karte steht, die Autotueren der Taxis lassen sich ohne Probleme oeffnen und seit ich hier bin, gab’s noch keinen einzigen Stromausfall …… es wird wohl noch einige Tage dauern, bis ich mich wieder an all diesen «Luxus» gewoehnt habe (-:
Es ganz liebs Gruessli Fabienne
6. Oktober 2004
Reisebericht Nr. 3 «Costa Rica» (Suedamerika, 6. Oktober 2004):
Vor gut einem Monat landete ich in Costa Rica – nach zwei Monaten Kuba war ich ziemlich ueberrascht, welchen Luxus mich in diesem Land erwartete: zahlreiche Internetcafes und Einkaufsmoeglichkeiten, die Autotueren der Taxis liessen sich problemlos oeffnen und es gab keinen einzigen Stromausfall…..
…. doch spaetestens dann …..
…. als ich voller Shampoo unter der Dusche stand und das Wasser ploetzlich abstellte, weil die Nachbarin die Waschmaschine anstellte …. …. die Laeden anstatt der publizierten Oeffnungszeiten eine Stunde spaeter oeffneten, dafuer aber eine Stunde frueher schlossen …. …. die Cafeteria-Mitarbeiterin nur einen einzigen Fruchtsaft und zwei Stueck Kuchen zur Auswahl hatte, und wir wir sie 10 Minuten lang dabei beobachten konnten wie sie diese Maraguya-Fruechte vom Baum holen versuchte ….. …. spaetestens dann wurde ich wieder daran erinnert, dass ich eben immer noch in Lateinamerika war (-: Als ich am 3. September in San Jose landete, waren saemtliche Hauptstrassen gesperrt. Die Lastwagenfahrer waren mit einem bestimmten Gesetz nicht einverstanden und sperrten deshalb mit ihren langen Trucks saemtliche Highways im ganzen Land. Ich hatte sowieso vor, ein paar Tage in San Jose zu verbringen und so blieb ich eine Woche in dieser Hauptstadt, lebte bei einer einheimischen Familie und lernte nochmals intensiv Spanisch. Danach reiste ich mit einem Kollegen aus der Schweiz kreuz und quer durch dieses extrem abwechslungsreiche Land …. …. zum Tortuguero-Regenwald mit seinen unzaehligen Tieren und Pflanzen, die wir per Kanu erkundeten. Nein, nein, die Krokodils sind nicht gefaehrlich, fahrt einfach nicht zu nahe am Ufer …. einfacher gesagt als getan, wenn der Fluss teilweise nur 2-3 Meter breit war…. Wir entdeckten Affen, Faultiere, Nasenbaeren, Leguane, unzaehlige Voegel und …. da – ein Krokodil! Stop!! Pare, pare, un cocodrilo!!! Es reichte nicht mehr und unser Boot putschte doch tatsaechlich in den Schwanz des doesenden Krokodils ….. so schnell war ich noch nie am anderen Ende des Bootes! Doch der einheimische Guide laechelte nur und das Krokodil ruehrte sich kaum. Faszinierend war auch, als wir nachts am Strand unter sternenklarem Himmel Meeres-Schildkroeten dabei beobachten konnten, wie sie ans Ufer kamen, langsam den Sand hochkrabbelten und direkt neben uns ueber 100 Eier im Sand vergruben. …. auf dem Weg zum karibischen Strand verpassten wir den Anschluss-Bus in Limon (einer beruehmt-beruechtigten Stadt, in der Touristen gerne ausgeraubt werden), der naechste kaeme erst ?manana? wieder. Ein Taxi haette uns gerne nach Cahuita mitgenommen, doch wir waren mit dem Preis nicht einverstanden. Ein Einheimischer war bereit, uns fuer weniger als die Haelfte an diesen 50km entfernten Ort zu fahren. Das Taxi trafen wir auf der Strecke wieder an – es lag mit Totalschaden in einem Strassengraben…. Unser Fahrer (urspruenglich aus Jamaika) wirkte ziemlich aufgestellt bis ploetzlich eine Strassensperre auftauchte – Polizisten kontrollierten die vorbeifahrenden Autos. Ploetzlich sagte dieser Typ kein Wort mehr, wirkte ziemlich nervoes. Die Polizisten winkten uns freundlicherweise durch. Keine Ahnung, was die suchen, meinte er. Auf meine Bemerkung ?vielleicht Drogen? antwortete er nur mit einem verlegenen Laecheln. …. in Fortuna hatten wir das Glueck den Vulkan Arenal, der zu den aktivsten Vulkane der Welt gehoert, bei wolkenlosem Himmel (was in der Regenzeit nicht selbstverstaendlich ist) zu bewundern. Wirklich eindruecklich zu sehen, wie nachts diese leuchtenden Lavamassen den Berg hinunterfliessen! Auch ein komisches Gefuehl, dass die Fluesse im Nationalpark Arenal nicht kalt sondern heiss waren. RiverRafting wollten wir dort ausprobieren, doch Costa Ricaner meinten, das sei zu langweilig, wir sollen doch mit ihnen mit dem Kajak durch diese Stromschnellen ….. hat riesen Spass gemacht, doch am anderen Tag konnte ich kaum mehr meinen Rucksack hochheben – vor lauter Muskelkater in den Armen. Fun war auch Canopying!! Da flitzt man an einem Seil befestigt teilweise ueber 200m weit und 50m ueber Boden ueber (und durch) die Baumkronen des Regenwaldes. …. in Manuel Antonio, einem traumhaften Strand an der Pazifikkueste, tauchten ploetzlich ueber 20 Affen auf. Einige waren so neugierig, dass sie sogar zu uns auf den Balkon sprangen! …. auch die Ticos (Costa Ricaner) waren stets sehr freundlich und hilfsbereit. Ein Ladenbesitzer erzahlte uns in Fortuna fast zwei Stunden lang seinen ganzen Lebenslauf und schenkte uns zuletzt fast die Haelfte der Sachen, die wir vor ein paar Stunden einkaufen wollten. Eigentlich ist im September in Costa Rica Regenzeit. Aber das geniale ist, dass es in dieser Zeit nur wenige Touristen hat und auch das Wetter war bis spaet nachmittags immer sonnig. Erst kurz vor Dunkelheit regnet es kurz aber heftig. Bis Mitte Nachmittag war immer traumhaftes Wetter – ausser an einem einzigen Tag. Ausgerechnet dann, als wir zu dritt mit Pferden von Fortuna nach Monteverde unterwegs waren…. Auch Juan, unser einheimischer Fuehrer, war ziemlich ueberrascht, als kurz nach zehn Uhr ploetzlich dunkle Wolken auftauchten und es heftig anfing zu regnen. Innert wenigen Minuten kam auf unserem Weg ein richtiger Bach entgegen, die Pferde mussten sich durch metertiefen Matsch kaempfen. Wenn ich nicht befuerchtet haette, in diesem Pflotsch steckenzubleiben, waere ich laengst abgestiegen. Es war mir wirklich nicht mehr wohl, hoffentlich rutschen die Pferde nicht aus, es mussten immerhin noch ueber 300 Hoehenmeter ueberwunden werden. Doch wir mussten uns beeilen, denn bald wird der Pegelstand der Fluesse so stark ansteigen, dass es nicht mehr moeglich ist, sie zu ueberqueren. Es wurde dunkler und dunkler, unsere Kleider waren pflotschnass und es war eiskalt ….. da kamen uns auch noch zwei Pferde entgegen – zwar mit Sattel, aber ohne Reiter! Und dann kam der Fluss – was, den sollen wir ueberqueren?!?! Wir hatten keine andere Wahl, unsere trockenen Kleider warteten im naechsten Dorf auf uns und frierend mit durchnaessten Kleider die Nacht im Regenwald zu verbringen kam auch nicht in Frage. Die Pferde werden das schon schaffen, war Juan ueberzeugt. Wir habens auch geschafft, obwohl ich bei dieser Flussueberquerung einige Sachen opfern musste (unter anderem meine Kamera) und meine Trekkingschuhe waren erst nach einer Woche wieder ganz trocken. Doch Hauptsache wir sind alle heil in Monteverde angekommen, auch die beiden Reiter (von den entgegenkommenden Pferden) haben wir abends unverletzt angetroffen. Seit einer Woche bin ich mit Manuela in Ecuador unterwegs – auf dem Weg nach Buenos Aires…. Costa Rica war genial, Kuba sowieso – aber Ecuador und allgemein die Andenlaender uebertreffen alles ….. Bis bald Fabienne
21. Oktober 2004
Ecuador – das sympathische Land am Aequator (spanisch Ecuador) – hat neben Peru und Bolivien den hoechsten Anteil indianischer Bevoelkerung. Menschen, die uns mit ihrer Herzlichkeit begeisterten, mit ihrer Panfloeten-Musik zum Traeumen bringen ….. Die ersten paar Tage verbrachten wir in Quito, der Hauptstadt Ecuadors. Eine lebendige, ziemlich hektische Stadt. Dort die Strassen zu ueberqueren, war teilweise vergleichbar mit der Ueberquerung einer Schweizer Autobahn. Bremsen kannten die Quitorianer wohl nicht, dafuer umsomehr das Hupen. Spannend war auch das Bus fahren! Fahrplaene gibt’s nicht, dafuer einen «Co-Pilot», der dauernd aus der offenen Bustuer haengt und ununterbrochen das Zielort ruft. So kann es sein, dass der Bus zuerst eine Stunde kreuz und quer durch die Stadt faehrt, bis endlich alle Plaetze gefuellt sind, um dann endlich zur 25 km entfernten Ciudad Mitad del Mundo (Stadt der Weltmitte) zu fahren. Um in den Norden zu gelangen, wartet man also am Strassenrand bis ein Bus sich naehert mit einem Schreihals der «Otavalo, Otavalo, Otavalo» ruft. Sobald der Bus mal langsamer faehrt, springen «fliegende Haendler» in den Bus und versuchen den Fahrgaesten alles Moegliche zu verkaufen – von Esswaren ueber Buecher, Naehzeug, Raeucherstaebchen bis zu Schuhloeffel. In Otavalo leben diejenigen Indios, die durch ihre Webkuenste beruehmt wurden und oft auch in Europa mit ihren Webwaren oder Panfloeten spielend anzutreffen sind. Unglaublich, was diese Leute alles auf den Markt schleppten – Tuecher mit Waren auf dem Ruecken, die doppelt so gross wie ihre eigene Koerpergroesse waren. Auf dem Markt wird alles verkauft – von Gemuese ueber Webwaren und andere Kunstgegenstaende bis zu lebendigen Huehner und Meerschweinchen. In Banos war es schon ziemlich ruhiger. Ein sympathischer Ort mit vielen Ausflugsmoeglichkeiten. Und, ich traute meinen Augen kaum, in einer Bar hingen sogar drei grosse Poster von Arosa! Ein tolles Erlebnis war auch die Zugfahrt (auf dem Dach!) von Riobamba nach Alausi – vorbei an Indios mit ihren farbenfrohen Trachten, die auf dem Land am Arbeiten waren, Lama- und Schafherden hueteten oder einfach dastanden und uns zuwinkten. In Cuenca, der drittgroessten Stadt Ecuadors, wollten wir eigentlich nicht lange bleiben. Doch die schoene Kolonialstadt und die Einwohner, die uns alle schoenen Plaetze ihrer Heimatstadt zeigten und uns zu Salsa-Partys (wo fast nur Einheimische anzutreffen waren) mitnahmen, machten auf uns so einen sympathischen Eindruck, dass wir doch ein paar Tage laenger blieben. Zum Glueck ist unser Retour-Flugticket von Buenos Aires, sonst waeren wir wahrscheinlich bereits in Otavalo, Banos oder Cuenca «haengen geblieben»…. Vilcabamba – unser letzter Aufenthaltsort nach rund drei Wochen Ecuador – zaehlt zu den drei Orten der Welt, in dem ueberdurchschnittlich viele Menschen ueber 100 Jahre alt werden. Bei einem Reitausflug trafen wir einen 98jaehrigen Mann, fleissig am Unkraut jaeten im Garten, eine 120jaehrige Frau, die uns freundlich gruesste und ein Einheimischer zeigte uns ein Haus auf einem Berg, wo ein 125Jaehriger mit seinem 96jaehrigen Sohn lebt – bei jedem Fest komme er mit dem Pferd ins Dorf, tanze und singe noch mit! Gesunde Ernaehrung, Lebensfreude, viel Bewegung und kein Stress sei das Rezept fuer’s Altwerden. Bei uns waren die Tage in Vilcabamba alles andere als «tranquilo»…. An einem Tag machten wir eine kleine Wandertour, die zuerst ziemlich steil auf einen Berg fuehrte und dann mehrer Kilometer der Bergkante entlang – ein schmaler Weg, kaum 50cm breit, links und rechts gings steil nach unten. 150 Tage habe es in Vilcabamba nicht mehr geregnet, aber ausgerechnet als wir auf diesem Grad waren, fing es an wie aus Kuebeln zu giessen. Als wir dann auch noch Donner hoerten, wussten wir, dass wir so schnell wie moeglich von diesem gefaehrlichen Grad wegmussten, um nicht gleich die Zielscheibe eines Blitzes zu werden. Bei der naechsten Moeglichkeit eilten wir von dieser Bergkante weg – durch Buesche, Baeche und Stacheldrahtzaeune, bis wir in die Naehe einer Huette kamen. Ploetzlich kamen uns mehrere grosse Hunde bellend und zaehnefletschend entgegengerannt…. Nein, das darf nicht wahr sein, wir sind in deren Gebiet gelangt, vor dem uns im Dorf noch jemand gewarnt hat! So schnell wie moeglich und fast blutschwitzend rannten wir zum naechstgelegenen Zaun, hechteten darueber – und erleichtert, dass wir noch knapp davon gekommen waren – sahen wir rechts von uns (aufgeschreckt vom Gewitter) eine grosse Kuhherde auf uns zukommen – das Rennen ging weiter, wir wollten ja nicht gerade von diesen Hufen zertrampelt werden. Irgendwann kamen wir dann doch noch heil mit ein paar kleinen Schrammen an Armen und Beinen im Dorf an. Auch der Reitausflug am darauffolgenden Tag, wo die Pferde ueber schmale «Wege» trabten, die ich noch zu Fuss mit weichen Knien gelaufen waere, war ziemlich abenteuerlich. Und als kroenenden Abschluss von diesen nicht gerade «tranquilo-vollen» Tagen in Vilcabamba kam noch die Busfahrt nach Peru…. Tagebuchauszug vom 15. Oktober 2004 «Eine (nicht) alltaegliche Nachtbusfahrt»: Es war halb zehn Uhr nachts, als wir auf dem Busbahnhof in Loja (Ecuador) auf unseren Nachtbus Richtung Peru warteten. Es gab nicht mehr viele Leute, Touristen schon gar nicht. Saemtliche Blicke der Einheimischen waren auf uns gerichtet – oder doch mehr auf unsere Rucksaecke? Bildeten wir uns das ein oder folgten uns fuenf Typen? Wir gingen zum Fahrkartenschalter, zur Toilette …. tatsaechlich, die folgten uns Schritt auf Tritt, umkreisten uns mehrere Male – den Blick stets auf unser Gepaeck gerichtet – dann fingen sie direkt vor uns eine Schlaegerei an und schubsten den einten immer naeher zu uns…. Wie sollen wir uns nun verhalten? Der Pfefferspray nuetzt in dieser Situation wohl nicht gerade viel und wegrennen mit dem schweren Rucksack war auch nicht besonders einfach. Aber ganz so leicht wollten wir diesen Trotteln unsere Sachen auch nicht uebergeben…. Da – die Rettung! Der Verkaeufer vom Fahrkartenschalter winkte uns zu, wir koennen unsere Rucksaecke hinter seine Glasscheibe bringen, er werde sie in den Bus bringen, sobald er da ist. Kurz nach Zehn kam der Bus. Endlich in Sicherheit, dachten wir – doch da fing das Abenteuer erst an…. Ausser einem aelteren Amerikaner waren wir die einzigen zwei Auslaender. Ein Kind bettelte sich weinend die Busfahrt fuer seine Mutter zusammen, der Typ vor uns musste dauernd sein Huhn einfangen. Dann ging die (planmaessig) achtstuendige Busfahrt los und stoppte kurze Zeit spaeter bereits wieder – aufgehalten von der Polizei. Die Polizisten wollten saemtliche Paesse sehen. Ob das wohl schon die Grenze ist? Vier Ausweise nahmen sie mit – eine aeltere Frau, zwei Indios und der Typ mit dem Huhn unter dem Arm folgten ihnen. Heftige Diskussionen folgten, dann wurden Dollarscheine gezueckt, weitere Diskussionen, nochmals Geldscheine. Die Typen stiegen wieder ein, die Busfahrt ging weiter. Wir versuchten zu schlafen, die Tagesrucksaecke so am Bein befestigt, dass wir sofort erwachen wuerden, wenn jemand versuchen wuerde, sie zu stehlen. Kaum eingeschlafen, wurden wir wieder aus dem Schlaf gerissen: Aussteigen – para registrar! Dann sind wir wohl jetzt am Zoll. Alle Passagiere mussten aussteigen, ihre Paesse zeigen, deren Angaben in einem Heft notiert wurden, un konnten wieder einsteigen. Wieder versuchte ich zu schlafen, da weckte mich Manuela. «Du glaubst es nicht, meine Schuhe sind weg!» Sie hatte ihre Trekkingschuhe in einem Plastiksack zwischen ihren Beinen eingeklemmt. Nach vorne oder hinten gerutscht sein koennen sie nicht, die Typen um uns schliefen alle oder taten zumindest so. Es war still. Ab und zu hoerte man das «Gackern» der mitfahrenden Huehner, sonst nichts. Doch da! Ein Rascheln eines Plastiksacks! Ungefaehr fuenf Sitzreihen hinter uns. Das muessen Manuelas Schuhe sein! Man hoerte gut wie der Sack aufgerissen wurde und kurze Zeit spaeter wieder auf den Boden gestellt wurde. Jetzt wissen wir, wo sie sind, aber wie bekommen wir unsere Schuhe wieder zurueck? Wir werden warten, bis dieser Bloedian einschlaeft, dann «klauen» wir sie zurueck. Zeit hatten wir immerhin noch ueber fuenf Stunden. Da, wieder ein Geraeusch! Zssst….zssst….zssst – ein Plastiksack wurde nach vorne geschoben und stoppte hinter meinen Fersen. «Manuela, deine Schuhe sind wieder da (-:» Die waren wohl eine Nummer zu klein fuer ihn…. Die Fahrt ging weiter und wieder stoppte der Bus. Wieder mussten alle aussteigen und ihre Paesse zeigen. Erst jetzt waren wir an der Grenze. Der ecuadorianische Zoellner schickte uns zum peruanischen Zoellner auf der anderen Flussseite. Dieser schickte uns wieder zurueck, es fehle ein Stempel, der andere wiederum meinte, wir braeuchten einen Zettel, dann einen anderen Zettel und nochmals einen anderen Stempel. X-mal wurden wir mit all unserem Gepaeck ueber die Bruecke geschickt und wieder zurueck, bis wir endlich den Aus- und Einreisestempel in unserem Pass hatten. Wieder im Bus, suchte ein anderer Mitfahrer verzweifelt seine Taschen – erfolglos. Die Fahrt ging weiter bis ein, zwei Stunden spaeter ploetzlich eine Strassensperre den Weg versperrte….. Ein schwarzgekleideter, bewaffneter Mann mit einer hellen Taschenlampe stieg in den Bus ….. und trug stillschweigend eine Tasche nach der anderen aus dem Bus!!! Vielleicht zehn, fuenfzehn Reisetaschen verliessen somit den Bus, die Fahrgaeste wehrten sich kaum. Keine Ahnung, ob diese Typ ein Polizist, ein Zoellner, der Schmugglerwaren sicherstellen wollte oder ein Dieb war – wir erwarteten keine Antwort, sondern waren einfach froh, nach rund zehn Stunden mit all unserem Gepaeck in Peru angekommen zu sein….. Liebs Gruessli und bis bald Fabienne
26. November 2004
Knapp fuenf Wochen waren wir nun in Peru unterwegs, reisten von der ecuadorianischen Grenze bis zur bolivianischen, knapp 3000 km – per Bus. Wer denkt, stundenlanges Busfahren sei langweilig, der ist bestimmt noch nie in Peru Bus gefahren ….. da laeuft immer etwas: entweder steigt ein Typ ein, der irgendwas verkaufen moechte (von Schuhbaendel, ueber Lampenschirme bis zu lebendigen Tieren – einmal stieg eine Frau mit einem frischgeschlachteten Schwein ein und die Fahrgaeste konnten gleich sagen, welches Stueck sie gerne abgeschnitten haben moechten (-:), die Reisetaschen fallen vom Dach des fahrenden Buses oder der Bus stoppt unerwartet und man fragt sich, ob’s diesmal wohl wieder eine Polizeikontrolle, ein Streik, ein Ueberfall oder der Bus kaputt ist….. So wie auch auf dem Weg nach Huaraz, nachdem wir uns ein paar Tage am Strand von Mancora erholt hatten. Es war bereits kurz vor Mitternacht und wir warteten immer noch auf den Bus, der eigentlich um 22 Uhr hier sein sollte. Scheinbar gab’s wieder mal eine Strassensperre unterwegs. Irgendwann kam er doch noch, wir stiegen ein und schliefen bald ….. bis mir irgendwann Manuela ins Ohr fluesterte: «Ich glaube, unsere Rucksaecke werden geklaut….» Wirklich seltsam, mitten in der Nacht bleibt der Bus mitten in der Pampa stehen und stellt den Motor ab. Weit und breit nichts zu sehen – kein Auto, keine Strassenlampe, nichts – ausser zwei Typen, die mit Taschenlampen in den Gepaeckraum des Buses einstiegen. Die anderen Fahrgaeste schliefen alle – ausser einer, der zog seine Schuhe an und meinte, er gehe mal nachschauen, was da los sei. Mensch, ist der lebensmuede? Er kam zurueck und meinte «Estan reparando el motor». Huch, wenigstens kein Ueberfall. Nach einer Viertelstunde fuhr der Bus weiter und stoppte kurze Zeit spaeter wieder, um nochmals den Motor zu reparieren. So ging’s die ganze Nacht weiter. Irgendwann kamen wir doch noch in Trujillo an – mit fast fuenf Stunden Verspaetung. Unser Anschlussbus war natuerlich laengstens weg, so blieb uns nichts anderes uebrig als ein Kleinbus mit Einheimischen (und deren Huehner, Hunden und Schafe), der statt ueber die Schnellstrasse ueber eine kurvenreiche Bergstrasse nach Huaraz fuehrte, zu nehmen. Und was fuer eine Strasse! Gerade mal so breit bzw. schmal wie der Bus, 10cm weiter rechts und wir waeren 300m weiter unten gewesen – ich konnte nicht mal die wunderschoene Landschaft geniessen – und das sieben Stunden lang! Bergauf konnte der Bus scheinbar nicht anhalten, sonst waere er auf dieser Schotterstrasse nicht mehr weitergekommen. War etwas im Weg, hupte er drei Mal und fuhr weiter ohne zu Bremsen – Pech fuer die, die’s nicht rechtzeitig schafften wegzukommen. Ein Hund hoerten wir ploetzlich nicht mehr bellen und die Frau, die am Strassenrand um ihr ueberfahrenes Schaf weinte, tat mir scheinbar mehr leid als dem Chauffeuer. Doch einmal hielt er ….. auf der anderen Talseite winkte aufgeregt ein Peruaner. Was ist denn mit dem los? Braucht der Hilfe? Als der Bus stoppte, fing dieser Mann an zu rennen. Der will doch nicht etwa mitkommen?! Der braucht ja mindestens eine Stunde. Bis der nur mal im Tal ist, den Fluss ueberquert hat und dann unsere steile Bergseite wieder hoch ist wird’s laengstens dunkel sein. …… zehn Minuten spaeter kroch er atemlos in den Bus – barfuss! Die Bergkulisse des Huarascaran-Nationalpark ist wirklich fantastisch! Die Trekkingmetropole in Peru wird auch Suiza-Peruana genannt (-: Auch auf uns hatten diese Berge eine solche Anziehungskraft, dass wir uns spontan fuer eine viertaegige Trekkingtour in der Cordillera Blanca anmeldeten. Am Abend zuvor gingen wir extra frueh ins Bett, um am anderen Tag fit zu sein. Doch in dieser Nacht gingen uns so viele Gedanken und Fragen durch den Kopf, dass wir keine Minute schliefen. Wird unsere Kondition wohl ausreichen, immerhin werden pro Tag rund 1500 Hoehenmeter zurueckgelegt? Was, wenn wir mit der Hoehenkrankheit zu kaempfen haben, wir waren vorher noch nie auf ueber 5000m? Was, wenn ich krank werden wuerde oder von einem tollwuetigen Hund gebissen? Wenn meine Wanderschuhe nass werden? Wenn mein Schlafsack nicht warm genug ist? Tausend Fragen gingen mir durch den Kopf, doch am meisten beunruhigt hat uns die Nachricht, dass in diesem Nationalpark vor zwei Wochen zwei Touristen erschossen wurden, da sie sich bei einem Ueberfall zur Wehr setzten…. Ohne eine Stunde Schlaf ging’s somit am anderen Morgen um halb fuenf Uhr los. Der nette, alte Hostal-Besitzer (der unsere Namen so gross ins Einschreibeheft eingetragen hatte, dass wir’s von der anderen Strassenseite noch lesen konnten – er sah wohl nicht mehr so gut, lief auch immer in die Tuer) stand extra in der Nacht auf, um uns noch alles Gute zu wuenschen. Diese vier Tage in den Bergen, vorbei an unzaehligen Lama-, Schaf-, Esel-, Pferde- und Kuhherden, kristallklaren Seen, imposanten Gletscher, Paessen mit traumhaften Aussichten auf die umliegenden Berge waren das absolute Highlight unserer Perureise! Nach einer Woche im Huarascaran-Nationalpark ging’s wieder zurueck ans Meer, zur Oase «Huacachina». Eine kleine Oase inmitten der Wueste, wo wir mit einem Sandbuggy ueber die Duenen flitzten, einen unvergesslichen Sonnenuntergang erlebten und Sandboarden ausprobierten ….. und feststellen mussten, dass Snowboarden einiges mehr Spass macht. Auch die Nasca-Linien – die raetselhaften Linien, die vor jahrtausenden in die Erde geschnitzt wurden und aus der Vogelperspektive viele verschiedene Figuren darstellen – wollten wir uns nicht entgehen lassen. Das Dreipersonen-Flugzeug flog ueber jede Figur eine «Acht», doch bereits nach der dritten sah ich mehr Sterne als Figuren – huch, war mir schlecht nach diesem Flug…. Uebernachtet hatten wir in dieser Woche meistens bei Einheimischen, die uns alle Wuensche zu erfuellen versuchten, uns auch wieder zum Busterminal brachten, «buen viaje» wuenschten und nebenbei noch erwaehnten, dass sie an unserem Zielort einen Onkel, Cousin oder Halbschwester haetten. Kaum in der naechsten Stadt angekommen, stand bestimmt schon einer da, der bereits unsere Namen kannte…. Nach zwei Tagen in Arequipa, der weissen Stadt mit den imposanten Vulkanen im Hintergrund, ging’s weiter nach Cusco – meiner Meinung nach die schoenste Stadt Perus! Um weniger Probleme mit der Hoehenakklimatisation zu haben, soll man in den ersten Tagen moeglichst viel schlafen und keinen Alkohol trinken, stand im Reisefuehrer. Hmm, wir haben’s wohl umgekehrt verstanden….. So kam’s ab und zu, dass wir nach einer durchtanzten Nacht direkt zur Reittour zu den umliegenden Ruinen oder zur angemeldeten Stadtrundfahrt «mussten». Ueber eine Woche genossen wir in dieser Stadt das Nachtleben, Nachtessen in den feinen Restaurants, shoppten in den schoenen, kopfsteingepflasterten Gaesschen, wurden von Einheimischen zu Studentenpartys mitgenommen usw. Abschiednehmen ist mir noch nie leicht gefallen – doch so schwer wie in Cusco auch noch nie…. Von Cusco aus besuchten wir auch Machu Picchu – das Highlight Perus, wie’s in so vielen Reisebuechern beschrieben wird. Ok, die Sicht auf diese geheimnisvolle Inkaruinen-Stadt ist wirklich atemberaubend! Doch auch extrem touristisch. Die zweistuendige Zugfahrt inkl. Eintritt kostete doch sage und schreibe USD 90.- …. da war ja unsere gesamte Busreise durch ganz Peru billiger! Komisch, inmitten dieser englisch- und deutschsprechenden Touristen fuehlten wir uns ueberhaupt nicht wohl. Kaum hat einer ein Lama oder ein Kind gesehen, rannten alle zum Fenster und knipsten hunderte von Fotos – wie im Zoo. Dann doch lieber in einem alten Bus mit Einheimischen, Huehner, wo ab und zu Kornsaecke ueber uns ausleeren oder ein Schaf am Fuss knappert. Innerhalb Touristen wird man gefragt: «Kaufst Du mir das ab? Hast Du mir einen Sol?» Wenn man mit Einheimischen reist, wird man gefragt: Von wo kommst Du? Wo ist die Schweiz? Wie sieht das Land aus? Wie sind die Menschen? Wo ist Dein Mann? Warum hast Du noch keine Kinder? Erzaehl mal, wie ist’s in einem Flugzeug zu sitzen? Stimmt’s, dass in Europa alle reich sind, genug zu essen haben und eine Wohnung zum schlafen? Warum bist Du denn hier? Warum hast Du eine Traene? Fabienne